Völkerstrafrecht
Der Begriff Völkerstrafrecht deutet auf die Vermischung zweier ehedem strikt getrennter Materien hin. Während das Völkerrecht die Verhältnisse der Völkerrechtssubjekte – also vornehmlich der Staaten – umfassend regelt, richtet sich das Strafrecht allein an das Individuum und beschäftigt sich mit dem Bruch elementarer Verhaltensnormen durch dieses Individuum. Die Materie des Völkerstrafrechts lässt sich dennoch mit diesem Begriff fassen. Es geht um individuelle Verstöße gegen Verhaltensnormen. Die rechtliche Absicherung dieser Normen sowie die Grundlage der korrespondierenden Strafnormen liegen allerdings im Völkerrecht. Völkerstrafrecht ist so gesehen Strafrecht aus der Quelle des Völkerrechts.
Die Normen des Völkerstrafrechts unterscheiden sich nach materiellem Recht, und nach Verfahrensrecht oder der Gerichtsorganisation. Diese erfolgt meistens auf der internationalen Ebene und mehreren nationalen Ebenen, auf welchen die völkerstrafrechtlichen Normen umgesetzt, sprich in der Form von nationalem Recht erlassen werden.
Daher gibt es zahlreiche handelnde Akteure, die wir im Rahmen unserer Forschung beobachten. Allein die Liste der relevanten Gerichte reicht vom Internationalen Strafgerichtshof über das UN ad hoc Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, der UN Internationale Residualmechanismus für Ruanda und diverse Gerichte mit gemischt international-nationaler Rechtsprechung bis hin zu rein nationalen Gerichten, in deren Zuständigkeit das Völkerstrafrecht fällt. In Deutschland sind die Oberlandesgerichte und der Bundesgerichtshof zuständig.
Im Fokus unserer Forschung im Bereich Völkerstrafrecht stehen die besonderen historischen Grundlagen und Traditionen dieser Rechtsmaterie. Wir haben uns stets die aktuellen politischen Realitäten zu vergegenwärtigen, die gerade in Konflikt- und Post-Konfliktsituationen oftmals von größter Bedeutung für justizförmige Prozesse sind. So wird die Anwendung von Völkerstrafrecht regelmäßig flankiert von verschiedenen weiteren Transitional-Justice-Maßnahmen.
In dieser schwierigen Gemengelage dienen uns als Maßstab die international verbrieften Menschenrechte. Sie bilden die Basis des Völkerstrafrechts, weil es schwerste Eingriffe in elementare Menschenrechte unter Strafe stellt. Menschenrechte sollten umgekehrt auch der Maßstab sein für die Umsetzung des Völkerstrafrechts und für die Bewertung der Folgen, die sich aus seiner Anwendung ergeben.